zwei Wochen ohne neuen Blogeintrag sind vergangen, aber keine Sorge, mir geht es gut! Allerdings merke ich schon, dass ich durch die Schule weniger freie Zeit als vorher habe. Die meisten Abende verbringe ich mit Hausaufgaben und Zeichen üben. Ich habe eine unserer Lehrerinnen mal gefragt, wie man sich die ganzen Schriftzeichen besser merken kann, ihr Antwort war: Wenn man ein Zeichen 100 Mal geschrieben hat, kann man es definitiv. (Fand ich nicht so ganz hilfreich, um ehrlich zu sein...)
Das Schreiben ist wirklich eine Herausforderung für mich, lesen, hören und sprechen klappt hingegen ziemlich gut. Freitag hat mich unsere Lehrerin für meine Aussprache und Grammatik gelobt und anschließend gefragt, wie lange ich schon Chinesisch lerne. Die Antwort „Insgesamt 6 Wochen“ hat sie dann total umgehauen Die meisten meiner Mitschüler lernen nämlich schon ein ganzes Semester mehr als ich, aber ich komme trotzdem gut mit. Das liegt aber hauptsächlich an der unheimlich winzigen Menge Motivation, die die anderen Schüler meiner Klasse haben. Das sieht man hauptsächlich bei der Anwesenheitskontrolle: Von den 15 Schülern der Klasse sind maximal zehn Leute auf einmal im Unterricht, wenn wir Hörverständnis- oder Sprachunterricht haben, eher fünf bis sieben. Manche Schüler waren in den drei Wochen seit Kursbeginn erst zweimal da. In allen anderen Klassen sehe ich jedes Mal ca. 20 Schüler, die auch alle schon bei Unterrichtsbeginn da sind. Das ist doch selbstverständlich, zu Schulbeginn im Klassenraum zu sein? Nicht in der Klasse 2D! (Das ist meine...) Oftmals bin ich beim Klingeln mit dem Lehrer alleine (Ich bestätige das Klischee der deutschen Pünktlichkeit!) oder wir sind maximal zu dritt, die anderen kommen dann nach und nach dazu (oder halt auch nicht…). Aber versteht mich nicht falsch, meine Klasse ist super und ich verstehe mich sehr gut mit allen Leuten (zumindest mit denen, die anwesend sind, die anderen kenne ich ja gar nicht…). Da wir so viele Jungs in der Klasse haben, ist es immer sehr lustig, wir albern alle viel herum und da die Lehrer noch so jung sind, machen sie auch gerne mit. Es gibt viele kleine und sehr unterhaltsame „Streitereien“, z.B. darüber, ob die Klimaanlage angemacht werden soll oder nicht. (Dabei merkt man total die Unterschiede zwischen den Nationalitäten: Einige kommen bei 26°C immer noch mit dicker Jacke zur Schule, andere haben nur Hotpants an. Aber ich hab mich schon total akklimatisiert, ich hatte trotz der sommerlichen Temperaturen noch nie eine kurze Hose an, da ich mir das für die später kommenden 35-40°C aufheben will/muss).
Internationale Unterschiede hat man auch bemerkt, als wir auf chinesisch unsere Familie beschreiben sollten: Wer hätte gedacht, dass man mit einem Fünf-Personen-Haushalt mal als Kleinfamilie betrachtet wird… Aber gegen die Elf- bis 15-köpfigen Familien der arabischen Mitschüler komme ich nun wahrlich nicht gegen an…
Achso, ich wurde jetzt übrigens zum Klassensprecher ernannt. (Nicht schlecht als Jüngste, oder?) Die Wahl wurde allerdings enorm durch die Tatsache erleichtert, dass das Hauptkriterium war, regelmäßig am Unterricht teilzunehmen und die meisten anderen damit schon herausgeflogen sind. Was genau meine Aufgaben nun sind, weiß ich aber noch nicht so genau, mal sehen…
Außerdem gibt es Neues von Kinlap und meinem Au-Pair-Dasein: Kinlap ist nun 16 Monate alt und läuft sicher und gut, sodass wir nun keinen Carrier mehr dabeihaben, wenn wir aus dem Haus gehen. Stattdessen läuft er selbst, am liebsten mit seinem neuen Spielzeug, einem winzigen, roten Einkaufswagen. Diesen schiebt er glücklich durch die Gegend und bekommt somit die Aufmerksamkeit aller Anwesenden und den Neid aller anderen Kinder. Außerdem hat er jetzt zum ersten Mal Seifenblasen gesehen und war sofort begeistert. Er genießt diese Selbstständigkeit sehr, die er nun hat, wenn er nicht ständig getragen wird, aber er ist auch oftmals faul und möchte wieder auf Idys oder meinen Arm. Ich habe das Gefühl, er ist irgendwie jetzt vom Baby zum Kleinkind geworden und ich bin total froh, dass ich diesen Schritt miterleben durfte. (Das klingt kitschig, ist aber echt so und ich weiß gerade nicht, wie ich das anders ausdrücken kann.)
Kinlap läuft unheimlich gerne zu anderen Kindern und ich kann daher inzwischen die typische „Elternunterhaltung“ auf chinesisch führen. Das bedeutet, man fragt, wie alt das andere Kind ist, dann fragen die Leute immer, ob Kinlap, der „kleine Bruder oder die kleine Schwester“ ist (Das ist in China so; wenn wir z.B. einen Jungen sehen, der älter ist als Kinlap, zeige ich auf den Jungen und sage „gēge“, halt ein bisschen so, als würde man in Deutschland sagen: „Schau mal, da ist ein neuer Freund für dich!“) Es ist sehr cool, die Überraschung in den Gesichtern der Eltern zu sehen, die aus meinem Mund kein Chinesisch erwartet hätten. Das sind zwar total einfache Sätze, aber Chinesen sind immer unheimlich begeistert, wenn westliche Leute ihre Sprache sprechen. Auch beim Judo werde ich bewundernd angeschaut, nur weil ich die Wörter „rechts“ und „links“ auf chinesisch verstehe.
Diese Momente motivieren mich immer und ich merke, dass Chinesisch wirklich eine einfache Sprache ist, zumindest wenn man selbst spricht. (Ich meine, ich mache zwar sicherlich eintausend Fehler pro Satz, aber die chinesischen Leute geben einem das Gefühl, der am Besten sprechende Mensch der Welt zu sein.)
Ich liebe dieses Volk!
Oh und hier ist ein Lied, was wir in der Schule angehört haben. Es handelt von den Problemen, die man beim Chinesisch lernen hat.
Liebe Grüße nach Deutschland,
Lena