- 43,5 Stunden im Zug
- 245 Euro
- 6 Tage unterwegs
- 24 Fotos mit Chinesen
Letzte Woche Mittwoch (19.10.) ging unser Abenteuer-Urlaub los. Wir (das heißt Lars aus Deutschland, Arturo aus Chile und ich) sind mit der Metro zu Bahnhof gefahren und haben dann den Zug K1373 genommen (im Hartsitz-Abteil, also die billigste Klasse für 189,5 Yuan pro Strecke, das sind nur 25,2 €!), der direkt nach Zhangjiajie fährt und für diese rund 1500 km nur schlappe 20 Stunden braucht. Er hält auf der Strecke 15 Mal, und zwar jeweils zwischen 3 und 30 Minuten pro Halt. An einigen Stationen wurden Güter und Pakete eingeladen (ein ganzer Wagen war allein dafür reserviert), einmal wurde die Lok getauscht und bei den längeren Halten standen immer Verkäufer auf dem Bahnsteig, die Essen angeboten haben. Es gab aber auch im Zug immer Leute, die mit kleinen Wagen durch die Gänge gelaufen sind und Obst, Snacks und richtige warme Mahlzeiten verkauft haben. Die Leute im Zug waren zwar alle relativ erstaunt über unsere Anwesenheit, aber dennoch hat kaum jemand mit uns geredet.
Wir haben viel gegessen, geschlafen, Quatsch gemacht und Karten gespielt usw, und obwohl wir schon Wetten abgeschlossen hatten, wann der erste Streit ausbricht, hatten wir erstaunlicherweise die ganze Strecke lang Spaß. Sogar der Ärger über zwei Stunden Verspätung, die wir im Laufe der Strecke eingesammelt hatten, verflog schnell, als wir uns langsam unserem Zielort näherten und die Aussicht auf die ersten Berge erahnen ließ, was uns die nächsten Tage erwarten würde!
Nach der Ankunft am Bahnhof mussten wir noch eine Stunde im Kleinbus bis zu unserem Hotel fahren und dann erstmal so schnell wie möglich duschen, um den Rauch-Gestank loszuwerden. Leider haben nämlich viel zu viele Leute im Zug geraucht... Das Hotel war aber echt super, total klein und niedlich! Eine chinesische Freundin hatte es uns empfohlen und wir haben einfach ein Vier-Bett-Zimmer gebucht und dann zu dritt dort gewohnt. Das Zimmer hat für vier Nächte insgesamt 745 Yuan gekostet, also knapp 100 Euro, d.h. nur 8,2 Euro pro Person und Nacht und die Leute dort waren echt super nett und hilfsbereit!
Abends waren wir Hotpot essen und dann noch in einer Apotheke, weil Arturos Fuß angeschwollen war und das für die geplanten Wanderungen logischerweise etwas ungünstig war. Er hat aber Medizin bekommen und die hat auch sehr schnell geholfen. Dann haben wir noch den kommenden Tag geplant (mit Hilfe der Rezeptionistin des Hotels) und sind dann relativ früh schlafen gegangen.
Im Park gibt es kostenfreie Busse, die zu fast allen „Sehenswürdigkeiten“ fahren. Daher haben wir uns zunächst auf den Weg nach Tianbofu gemacht. Bei der Ankunft dort gab es den ersten „WOW“-Moment, weil wir einfach so sehr von der Natur und der ganzen Umgebung fasziniert waren. Sogar der Regen war uns in diesem Moment total egal!
Das Gute an einem Abstieg ist: Irgendwann kommt man wieder unter der Nebelschicht an und kann wieder den Blick genießen! Und dann freut man sich natürlich umso mehr darüber!
Nach einigen Stunden Abstieg sind wir unten angekommen und haben den Bus zum Park-Ausgang genommmen – zumindest, nachdem wir eine Stunde in einer Schlange dafür gewartet hatten...
Und dann. WOOOOW. Das. War. Der. Beste. Moment. Des. Urlaubs!!!
Nach unten konnte man die sich schlängelnde Bergstraße sehen und dahinter die Stadt Zhangjiajie und nach oben hat man in die Himmelstür geschaut, die passenderweise voller Nebel war.
Unbeschreiblich. Ich habe keine Worte dafür. Schaut es euch einfach an.
Dann ging es durch den Berg per Rolltreppen (sowas machen auch nur Chinesen, oder?) bis auf den Gipfel, wo man dann einmal am Rand des Berges herumlaufen konnte (ca. 6 km, wieder komplett ohne Aussicht, dafür aber mit gefühlt 300 % Luftfeuchtigkeit. Zumindest waren unsere Haare irgendwann nass, obwohl es nicht geregnet hat). Es gab einen Skywalk, also mit Glasboden, aber wenn man nichts sieht, ist das wenig spektakulär... War trotzdem sehr lustig.
Dann sind wir an der Seilbahn-Station angekommen, mussten eeeewig warten (entmutigenderweise in 3 verschiedenen Räumen, sodass man immer denkt, man ist gleich dran, aber tatsächlich erreicht man bloß einen neuen Raum, der bis zum Platzen mit Menschen gefüllt ist...), und sind dann ca 20 Minuten mit der Seilbahn zurück gefahren, was wieder mega war, weil wir plötzlich aus dem Nebel wieder zurück in die Welt kamen. Dann wieder per Bus zurück, Nudelsuppe zum Abendessen und erschöpft ins Bett fallen.
Nach unten sind wir dann wieder gewandert (ja, wir waren wirklich motiviert) und das war ähnlich wie die Zehn-Meilen-Galerie: Treppen und Treppen und Treppen und gaaanz viel Nebel, bis zu einem gewissen Punkt, wo wir dann wieder niedrig genug waren. Der ganze Abstieg ging 4 km lang und wir hatten langsam echt Muskelkater, denn gefühlt hatten wir ja nichts anderes gemacht, als täglich tausende Treppenstufen auf und ab zu laufen. (Nur um das klarzustellen: Die Rundgänge auf den Berggipfeln waren keinesfalls stufenfrei, im Gegenteil, es ging immer munter auf und ab.)
Wie auch immer, irgendwann waren wir wieder unten und haben dann eine Gruppe Chinesen getroffen, von denen eine Frau ein Foto mit mir machen wollte. Das war nicht das erste Mal in diesem Urlaub, aber es war das erste Mal, dass sich plötzlich eine Schlange gebildet hat und die Leute wie im Akkord durchgewechselt haben (Foto, nächster, Foto, nächste, Foto, nächste,....) Das war schon ein bisschen übertrieben...
Nach dieser Action sind wir dann einfach den Weg am Fluss zurückgelaufen, also nochmal 6 km und haben auf dem Weg Jack getroffen, einen Australier, der gerade mit dem Fahrrad durch China reist, nachdem er hier von den Keramikmeistern deren Kunstwerk gelernt hat. Das war definitiv ein interessanter Mensch, aber ich würde nicht auf die Idee kommen, noch 6000 km nach Laos und Kambodscha zu radeln...
Dann waren wir Abendessen und die Jungs haben mich eingeladen (als Dankeschön für meine Übersetzerdienste), was ich zwar übertrieben fand, aber die Geste war trotzdem süß.
Es gab zwar viel zu viele Treppen (wirklich, wenn man schon über 3 Tage Muskelkater angesammelt hat, dann wird es irgendwann echt unangenehm, wieder genau dieselben Bewegungen zu machen), aber es war echt schön da! Es gab sogar eine kleine Bootstour durch die Höhle und die ganzen Stalagnite und Stalagtite usw wurden alle bunt angeleuchtet. Es war allerdings auch heillos überfüllt, man musste sich manchmal ganz schön seinen Weg freikämpfen...
Auch hier gilt: Wenig Text, aber Bilderflut, also los:
Dadurch mussten wir aber total gestresst zum Bahnhof (wieder eine Stunde Bus), aber wir haben es zum Glück noch rechtzeitig geschafft (bloß ohne Mittagessen). Diesmal brauchte der Zug offiziell noch länger (21,5h), aber dafür hatten wir keine Verspätung. Die Fahrt war aber sehr anstrengend, der Zug war so voll, dass manche Leute Stehtickets gekauft hatten (das Schlimmste: Die kosten genauso viel wie unsere Hartsitz-Tickets) und dann nur auf ihren Koffern sitzen konnten und ich hatte mir durch den Regen der Urlaubstage irgendwie eine Erkältung eingefangen.
Aber wir haben auch das überlebt und dann war Dienstag Mittag unser Abenteuer-Urlaub auch schon vorbei...
Fazit:
Lars, Arturo und ich haben es hinbekommen, für 6 Tage ohne Pause immer zusammen unterwegs zu sein und wir hatten tatsächlich kein einziges Mal Streit oder auch nur ein bisschen Stress, sondern wir mögen uns immer noch :D
Mein Chinesisch ist langsam echt gut, wie es scheint, wir haben alle Fragen super beantwortet bekommen und hatten daher weder Probleme mit der Orientierung, noch mit irgendetwas anderem. Bin schon ein bisschen stolz.
Mit dem billigsten Zug in China zu fahren ist definitiv mal eine Erfahrung, die ich dank des Preises vermutlich sogar wiederholen würde, auch wenn es schöner wäre, wenn nicht alle im Abteil rauchen würden.
Das war definitiv einer der besten Urlaube meines Lebens und ich werde sicher noch lange in Erinnerungen schwelgen!