Ansonsten geht Kinlap ja manchmal samstags in eine Spielgruppe in Hong Kong. Letzte Woche kamen Angus und Idy dann leicht frustriert wieder, weil „Kinlap sie blamiert hat“, soll heißen: Er hat beim Vorlesen in der Spielgruppe nicht stillgesessen und zugehört, sondern ist herumgelaufen und hat sich andere Bücher angeschaut. Nun ist es also meine Aufgabe, im konzentriertes Zuhören beizubringen (Ich lese ihm eigentlich schon jeden Tag vor, manchmal ist er total fokussiert und manchmal hat er gar keine Lust.) Aber ich versuche nun mal, ihn immer zum konzentrierten Zuhören zu bringen.
Was noch?
Letzten Samstag, also am 19. April habe ich Besuch aus dem fernen Deutschland bekommen: Meine Tante hat eine Rundreise durch China gemacht und war dabei auch einen Tag in Guangzhou. Ich durfte mit ihrer Reisegruppe eine ganztägige Führung durch Guangzhou mitmachen und das war wirklich super! Ich konnte ganz viel mit meiner Tante quatschen, der Gruppenleiter war sehr lustig, die anderen Leute waren alle sehr interessiert an meinem Job als Au Pair und durch die Führung habe ich noch viel mehr über viele Orte in Guangzhou erfahren. Ich habe sogar noch neue Sachen gesehen, wie z.B. den Liurong-Tempel mit fast 60m hoher Blumenpagode. Aber auch zu allen anderen Sehenswürdigkeiten wusste dieser Chinese so viel und das war echt interessant! Ich habe also an diesem Samstag den ganzen Tag Deutsch gesprochen, was zwar mal echter Luxus war, sich aber auch sehr ungewöhnt angefühlt hat.
Aber meine Tante hatte mir ein paar Ostergeschenke mitgebracht (teils von ihr, teils von zuhause) – danke noch mal dafür! Außerdem war ich im Ostergottesdienst in der Shishi-Kathedrale (das ist die Kirche, von der ich früher schon einmal berichtet hatte). Also immerhin zwei Sachen, die ein paar Ostergefühle hervorgerufen haben.
Apropos Kirche: Diesmal bin ich zum ersten Mal mit der Metro zur Kirche gefahren und natürlich hab ich den Weg von der Metrostation zur Kirche nicht gefunden… Als ich dann sicher war, dass ich mich komplett verlaufen hatte (diese Feststellung hat mir übrigens überhaupt keine Angst gemacht, ich bin wohl inzwischen echt entspannt geworden), habe ich einen älteren Afrikaner gesehen, der planlos aussah und mit einem Zettel in der Hand Chinesen nach dem Weg gefragt hat. Ich hab ihn dann einfach mal auf Verdacht angesprochen und es hat sich herausgestellt, dass er auch zur Kirche wollte. Er kommt aus dem Kongo und wir haben dann Französisch gesprochen. Jedenfalls haben wir dann gerade noch rechtzeitig zu Gottesdienstbeginn die Kirche gefunden.
Was mir nun im Vergleich aufgefallen ist, ist die Wahrnehmung als Ausländer hier. Diese ist meiner Einschätzung nach sehr unterschiedlich, je nachdem, mit wem man unterwegs ist. Alleine oder mit Chinesen bedeutet, dass man für eine längere Zeit hier lebt, jedoch überrascht es die meisten Chinesen trotzdem immer, wenn man Chinesisch spricht. Als ich nun aber mit der deutschen Reisegruppe unterwegs war, waren wir wirklich eine Attraktion, wurden ständig fotografiert und unheimlich viele Chinesen waren immer in unserer Nähe.
Sehr interessant war es, mit dem Kongolesen unterwegs war, denn ich habe nun schon von vielen Chinesen erzählt bekommen, dass sie eine „Rangordnung“ wie folgt sehen: Ganz oben kommen die westlichen Menschen, also Europäer und Amerikaner. Darunter die Chinesen selbst und darunter alle farbigen Menschen. Ja, das ist rassistisch und ich weiß nicht, wie viele Leute wirklich so denken, aber als ich also mit einem Schwarzen herumgelaufen bin, wurden wir echt direkt angestarrt!
Und nun etwas, das man auf dem Schulweg in Deutschland garantiert nicht sieht: